Interview mit Andreas Luketa in der Zeitschrift "musicals", Juni 1997

musicals: Gestern abend wurde erstmalig der "International Musical Award Germany", kurz "IMAGE" verliehen, bei dem Sie als bester Darsteller für die Rolle des Joe Gillis ausgezeichnet wurden. Welchen Eindruck hat dieser Abend bei Ihnen hinterlassen?

Kröger: Ich war überrascht, wie professionell das alles letztendlich war, denn immerhin wurde diese Veranstaltung aus einer rein privaten Initiative heraus organisiert. Natürlich dachte ich im Vorfeld, das wird bestimmt super, aber ich hätte nie vermutet, daß da mit einer solchen Liebe zum Detail vorgegangen wird. Dann fand ich es ganz beachtlich, daß die Veranstalter alle Preisträger mobilisieren konnten. Obwohl wir alle sehr unterschiedlich sind, hat doch jeder auf der Bühne nicht nur sein wahnsinnig großes Talent unter Beweis gestellt, sondern es wurde auch klar, daß alle das gleiche denken und an einem Strang ziehen. Ich fand das sehr spannend, obwohl ich meinen Preis lieber zugeschickt bekommen hätte (lächelt verlegen). Den hätte ich mir dann bestimmt den ganzen Abend zu Hause angeschaut, aber so mußte ich bis zum Schluß der Verleihung warten und war dann schon sehr aufgeregt.

musicals: Am Tag vor der Preisverleihung wurde die Schließung der "Sunset Boulevard"-Produktion offiziell bekanntgegeben. Es war sicherlich ein komisches Gefühl für Sie, just einen Abend später für Ihre Darstellung darin ausgezeichnet zu werden.

Kröger: Der Zeitpunkt war sehr seltsam. Uns wurde am Freitag abend vor der Vorstellung mitgeteilt, daß die Show, wie schon in New York und London, geschlossen wird. Besonders der frühe Termin, der 31. Mai, hat uns alle sehr schockiert. Fairerweise werden wir bis zum Ende der regulären Vertragsdauer ausbezahlt, was nicht immer üblich ist. Die Situation betrifft aber nicht nur die Schauspieler oder das Stück, sondern auch alle anderen Mitarbeiter der Produktion und des Büros der "Really Useful" in Wiesbaden. Mehr als 150 Menschen verlieren da plötzlich ihren Arbeitsplatz. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf war es dann schon ein beklemmendes Gefühl gestern abend.

musicals: Warum denken Sie, hat "Sunset Boulevard" in Niedernhausen nicht funktioniert. Spielte vielleicht der wenig attraktive Standort, mitten auf dem Land, nicht auch eine große Rolle?

Kroeger und Leah Delos Santos, seine 'Belle'

Kröger: Ich finde, daß man bei "Sunset Boulevard" nicht von "nicht funktionieren" sprechen kann. Wir hatten wirklich ein super Publikum, mal mehr, mal weniger Zuschauer, aber generell vor allem am Wochenende ein ausverkauftes Haus....

musicals: ...aber man hörte auch etwas von Auslastungszahlen um die 50% unter der Woche!?

Kröger: Es ist in der Woche schon etwas weniger besucht gewesen, aber dafür war es am Wochenende immer voll. Ich muß dazu sagen, ich habe mir letzte Woche "Miss Saigon" angesehen, wo es aufgrund der Größe des Hauses und der Örtlichkeit auch ähnlich von den Besucherzahlen her war. Ich denke, es liegt bei "Sunset Boulevard" weder an der Show, noch an den Darstellern. Jeden Abend, und das ist wirklich keine Übertreibung, gab es "Standing Ovations". Wir hatten generell viele Fans im Sinne von Theaterliebhabern, die auch mehrmals gekommen sind, weil sie die Show einfach lieben. Von einem "Nichtgefallen" der Show kann also nicht die Rede sein und am Standort im Rhein-Main-Gebiet kann es auch nicht gelegen haben, denn viele Besucher kamen schließlich von weiter her.

Ich glaube, es gab Probleme, weil eine englische Firma nach Deutschland gekommen ist und gemeint hat, nach bewährtem britischen Muster hier Musical machen zu können, ohne jedoch den deutschen Markt wirklich zu kennen. Die Sturheit nach dem Motto "Wir machen's ganz alleine" war wohl das größte Manko. Ich vermute, da wurden Fehlinvestitionen getätigt und daß die hohen Kosten gar nicht durch die Produktion an sich entstanden sind, sondern durch viele unglückliche Umstände wie Umstrukturierungen und Fehlkalkulationen der Marketingabteilung.

musicals: Man munkelt auch bei anderen Produktionen über anstehende Schließungen aus finanziellen Gründen und wegen zu geringer Auslastungszahlen. Wo liegen Ihres Erachtens nach die Probleme neueren Datums des Musical-Standorts Deutschland?

Kröger: Ein Aspekt ist, daß die Leute mittlerweile auch schon ein wenig musicalkundig und kritischer geworden sind. Als vor elf Jahren "Cats" nach Deutschland kam, waren alle ganz dankbar über diese große Production "vom Broadway" und sind hingeströmt. Dann kam "Starlight Express", "Phantom der Oper", und noch vieles mehr. Mittlerweile kann das Publikum aber auch sicherlich die Qualität eines Musicals in seinem Rahmen besser beurteilen.

Ein anderer Aspekt ist, daß natürlich irgendwann einmal den Zuschauern das Geld ausgeht. Früher konnte man sich zwischen zwei, drei Musicals entscheiden--heute haben wir so viele Shows, wie will sich das eine vierköpfige Familie leisten? Ein Musicalwochenende verschlingt manchmal schon fast ein ganzes Monatsgehalt. Wir haben halt in Deutschland keinen Broadway, sprich eine Straße mit -zig Theatern. Wer hier mehrere Musicals sehen will, muß unweigerlich reisen. Und wenn dann "nur" 600-800 Besucher--wohlgemerkt achtmal die Woche!--ein bestimmtes Musicaltheater besuchen, sind das schon unheimlich viel.

musicals: Neben dem "IMAGE"-Award sind Sie bereits viermal in Folge von den Abonnenten unserer Zeitschrift zum "Besten Darsteller des Jahres" gewählt worden. Wie empfinden Sie diese Ehrung--mit Stolz in der Brust oder mit dem Zweifel, daß Sie vier Jahre lang neben all den anderen Künstlern auf Deutschlands Bühnen vielleicht gar nicht der Beste waren, sondern vor allem einen sehr großen Fanclub haben?

Kröger: Grundsätzlich denke ich, daß jedem von uns, der es in der deutschen Musicalszene geschafft hat, eine Musicalrolle zu kreieren und konstant zu spielen, eigentlich diese Ehre gebührt. Ich hatte halt das Glück, viele Rollen spielen zu können, mußte sie mir aber auch hart erarbeiten. Der Erfolg eines Stückes und eines Darstellers liegt ganz allein beim Publikum, denn das ist absolut nicht beeinflußbar. Du kannst Dir niemanden, weder einen Fan, noch einen normalen Theaterbesucher, in irgendeiner Form kaufen. Das finde ich sehr schön, obwohl es andererseits sehr brutal ist. Man liebt dich oder man haßt dich. Ich glaube generell, ohne diese Leute würde es die Musicalszene und den Musicalboom überhaupt nicht geben. Schon zu meiner Zeit in Amsterdam oder ganz früher in Wien, obwohl ich dort nur Zweitbesetzung oder Swing war, habe ich Fanbriefe bekommen, gab es Leute, die extra angereist sind, um mich in bestimmten Rollen zu sehen. Diese vierfache Ehrung ist für mich ein sehr großes Geschenk, eine Zuneigung und ich bin sehr stolz darauf, denn das ist eine sehr, sehr große Auszeichnung.

musicals: Drehen wir die Zeit um fünf Jahre zurück. 1992 spielten Sie den Ziggy in der "Starmania"-Produktion des Essener Aalto Theater. Dann kam das Wiener Engagement in "Elisabeth" und Schlag auf Schlag folgten Engagements in die Originalbesetzungen der deutschen Erstaufführungen von "Miss Saigon" und "Sunset Boulevard". Sie waren in vielen TV-Shows, gerade in Österreich gab es sehr viel Presse und Ihr Bekanntheitsgrad ist sprunghaft gestiegen. Welche unliebsamen Veränderungen haben sich durch den Karrieresprung zum "Musical-Star" in diesen fünf Jahren in Ihrem Leben eingestellt?

Kröger: Als Musicalkünstler macht man ja sein Hobby zum Beruf und es ist ein Traum, diesem auf diese Weise nachgehen zu können. Der Traum ist nicht, ein Star zu werden--das ist bloß ein Klischee. Wir machen diesen Job, um auf der Bühne stehen zu können. Ich wollte Musical-Darsteller werden--wenn ich als Musical-Star bezeichnet werde, ist das zwar eine große Auszeichnung, aber Starruhm ist vergänglich. Doch alles hat auch seine Kehrseite und irgendwo passiert dann bei einigen Zuschauern so ein Kipp-Punkt, wo die Begeisterung für die Person auf der Bühne plötzlich ins private reingeht. Für uns alle, die in "Elisabeth" gespielt haben, war es ein ganz neues Erlebnis, daß man jeden Abend so wahnsinnig viele Leute am "Bühnentürl" hatte. Also mußte man mit diesen Leuten auch umgehen lernen, geduldig Autogramme geben, und das ist auch manchmal sehr anstrengend, weil man natürlich zuhören und allen gerecht werden möchte, was man manchmal einfach nicht kann, weil man vielleicht müde oder krank ist. Dann fängt langsam so ein Druck an, der nicht mit dem Theater aufhört, sondern man muß auch noch nach der Vorstellung "arbeiten". Auch wenn man morgens noch unausgeschlafen kurz etwas einkaufen möchte und man noch bevor man den Liter Milch bezahlt hat, Autogramme geben oder sich fotografieren lassen muß, fängt diese Situation an zu nerven. Je bekannter man wird, desto mehr passieren Eingriffe ins Privatleben. Da wird es mir dann zu nah und weil ich ein ehrlicher und offener Mensch bin, bin ich dadurch auch schon sehr oft verletzt worden.

Kroeger und Leah Delos Santos in 'Die Schoene und das Biest'

musicals: Je bekannter man wird, desto mehr steht man auch im Schußfeuer der Kritik. Meine Rezension zu Ihrer letzten CD "Favourites" hat bei vielen "musicals"-Lesern und Fans heftige Reaktionen ausgelöst. Wie gut können Sie mit Kritiken umgehen, wie sehr werden Sie durch negative Kritiken verletzt?

Kröger: Ich muß Ihnen erst einmal hoch anrechnen, daß Sie diese Frage offiziell in einem Interview stellen. Ich finde grundsätzlich, daß Kritiken wahnsinnig wichtig und höchst interessant sind, auch wenn sie immer nur eine persönliche Meinung widerspiegeln. Ich lese sie auch immer und bin jemand, der sich auch so manchen Schuh anzieht, selbst wenn ich nicht will. Nur, wenn es in einer Kritik unterhalb der Gürtellinie, um Körperlichkeiten oder Vermutungen geht, dann finde ich das unprofessionell und verletzend, weil ich persönlich angegriffen werde. Ich finde, Sie sind bei Ihrer Kritik einfach zu sehr ins Persönliche gegangen. Das mag für eine Kolumne vielleicht noch interessant sein, aber ich fand das dann auch nicht mehr witzig und Sie haben mich schon sehr verletzt.

musicals: In meiner Rezension habe ich aus einem Interview der "Bild"-Zeitung mit Ihnen zitiert, weil ich so perplex und etwas entsetzt darüber war, daß Sie dermaßen private Dinge der Presse mitgeteilt hatten. Doch nun habe ich im nachhinein von Ihnen erfahren, daß Sie dieses Interview niemals gegeben haben und ich durch dieses Zitat böse Erinnerungen in Ihnen geweckt habe.

Kröger: Generell haben Sie wohl vergessen, daß man diesem Blatt nicht trauen sollte. Ich habe der "Bild"-Zeitung niemals dieses Interview gegeben und das alles war eine große Schweinerei, wo auch andere Menschen mit reingezogen wurden. Dadurch sind große, private Krisen entstanden. Ich werde sehr häufig falsch zitiert--da gibt es andere große Leute, die dagegen klagen. Ich tue es nicht, weil ich denke, diese Ehre, daß es dadurch noch größer wird, zolle ich den Leuten nicht. Ohne ins Detail zu gehen, möchte ich aber generell sagen, daß die Privatsphäre mir hoch und heilig ist und ich finde, jeder Journalist und auch jeder Fan sollte diese wahren.

musicals: Ein absoluter Tiefpunkt auf Ihrem Album stellt für mich persönlich der Song "Diese Nacht ist so sternenklar" dar. Was hat Sie dazu bewogen, diesen "Evita"-Titel als Pop-Schnulze der 90er Jahre aufzunehmen?

Kröger: Die Idee zu dem Song stammt von meiner Band "Beat 4 Feet", die aus einem Bereich kommen, der nichts mit Musical zu tun hat. Die Jungs haben den Titel gehört und haben das Potential für irgendeine Nummer im Stil eines "Bacardi-Sommer-Song" gesehen. Da das ganze Konzept meines Albums, Musical-Titel unkonventionell zu gestalten, eine neuartige und gewagte Sache war, haben sie halt diesen Song gewählt. Ich fand, es war eine witzige Idee, und habe es dann halt gemacht. Aber es gibt ja nicht nur diesen Song auf dem Album, das ist ja oft das Ding, daß sich meistens immer an einem Song hochgezogen wird. Es sind viele andere Titel darauf, die wirklich was mit mir zu tun haben.

musicals: Kritische Stimmen, Leser unseres Magazins und auch ich haben manchmal das Gefühl, daß Sie Musical-Hauptrollen sammeln. Mich hat dieses Gefühl erstmalig beschlichen, als Sie direkt zwei Wochen nach der Premiere von "Miss Saigon" schon wieder an den Auditions für die Wiener "Die Schöne und das Biest"-Inszenierung teilgenommen haben, obwohl Sie vorher in zahlreichen Interviews berichtet hatten, daß der Chris Ihre absolute Traumrolle wäre.

Kröger: Ich bin eigentlich, was das Schauspiel angeht, in Berlin aufgewachsen und auch wenn ich Musical mache, bin ich vom Hunger und vom Fieber her eigentlich ein Schauspieler. Schauen Sie sich doch mal die Schauspieler an, wie viele Premieren die im Jahr haben und wie viele verschiedene Rollen die gleichzeitig spielen. Ich bin nicht jemand, der Hauptrollen sammelt und ich habe mir auch keinen Zehn-Jahres-Plan gemacht, was ich alles spielen könnte. Ich habe in meiner Ausbildung halt immer wieder Rollen kennengelernt, die mich sehr gereizt haben, wie zum Beispiel in "Les Misérables", und wenn es sich dann ergibt, daß ich vorsingen kann, tue ich das auch. Die "Beauty"-Audition war damals eine andere Geschichte. Ich habe für mein Engagement in "Miss Saigon" aus Kulanz-Gründen die "Elisabeth"-Production in Wien eher verlassen dürfen. Natürlich sah man es in Wien dann gerne, daß ich zur Audition für "Beauty" komme, und da hatte ich natürlich in erster Linie auch eine moralische Verpflichtung vorzusingen. Vom Zeitlichen hätte dieses Engagement doch eh' nicht funktioniert.

musicals: Willi Welp wies gestern abend als Moderator der "IMAGE"-Preisverleihung auf die Wichtigkeit der deutschen Übersetzung hin und sagte, die Musik kann noch so gut sein, erst der Text gibt dem Künstler die Möglichkeit, richtig zu interpretieren. Sie haben mir gestern gesagt, daß Sie abends auf der Bühne 150% von sich geben, da Sie glauben, daß der Zuschauer bei den momentanen Eintrittspreisen ein Recht auf eine perfekte Show hat. Wie haben Sie sich denn bei "Miss Saigon" gefühlt, wenn Sie nicht nur den reichlich mißratenen deutschen Text von Heinz Rudolf Kunze interpretieren mußten und am Premierenabend zudem mit einem so internationalen Ensemble auf der Bühne standen, daß der Zuschauer vielleicht gerade mal 30% des Textes verstehen konnte?

Kröger: Das ist ein ganz heikles Thema. Natürlich, umso besser das Deutsch der Künstler ist, desto besser ist es letztendlich und man kann auch viel ehrlicher spielen. Gestern abend bei der "IMAGE"-Verleihung habe ich wieder einmal bemerkt, wie toll es ist, wenn man sich der deutschen Sprache bemächtigen kann und wie ausdrucksstark diese dann auch klingen kann. Nun kommen Künstler nach Deutschland und müssen in kürzester Zeit deutsch lernen und ich bewundere jeden, der so schnell so viel phonetisch erlernt. Und viele der Filipinos sind sehr talentiert und etliche Amerikaner sprechen fast akzentfrei deutsch, auch wenn sie sich mit dieser Sprache vielleicht trotzdem noch nicht ausdrücken können. Doch all das ist nicht den Künstlern vorzuwerfen, denn solch ein Crash-Kurs zum Thema "deutsche Sprache" ist harte Arbeit und jedem hoch anzurechnen. Am letzten Dienstag habe ich in Stuttgart eine Vorstellung von "Miss Saigon" gesehen und habe durch die Darstellung von Jon-Jon Briones zum allerersten Mal den Engineer richtig verstanden. Er hat so super mit dem Text gearbeitet, daß ich gedacht habe: Endlich! Nun, bei "Miss Saigon" kam dann noch eine schlechte Übersetztung dazu. Kunze hat versucht, eine sehr nahe Sprache zu finden, was ihm auch durchaus geglückt ist, nur dafür muß man die Sprache auch inhaltlich verstehen, um so auch Sinninhalte richtig rüberbringen zu können. Es wird dort viel mit Jargon gearbeitet--nur den muß man ersteinmal verstehen, bevor man ihn übersetzt.

musicals: In einem Interview haben Sie kürzlich erwähnt, daß Sie "Elisabeth" in Dresden reizen würde, obwohl Sie bereits weit über 500 Mal den Tod gespielt haben und Sie sich ebenfalls gut vorstellen könnten, auch zu "Miss Saigon" zurückzukehren. Ist das nicht reine Kopie und bar jeden künstlerischen Anspruchs?

Kröger: Jede dieser Rollen ist eine Traumrolle. Man braucht da zwischendurch aber mal eine Pause und ich bin immer froh, wenn ich ein Stück ein Jahr gespielt und danach das Gefühl habe, ich bin daran gewachsen. Doch dann kommt der Schauspieler in mir durch, der sagt "Ich muß aber jetzt etwas anderes machen, damit es nicht zu eingefahren wird". Dennoch werden solche Rollen immer in meinem Repertoire bleiben--so wie das auch in der Oper oder beim Schauspiel ist. Der Chris ist so eine tolle Rolle, die Musik ist so schön, und auch der Tod ist ein Traum von einer Rolle, daß ich immer wieder Lust hätte, diese Parts zu übernehmen. Ich habe nie ein Engagement beendet, weil ich keine Lust mehr auf die Rolle hatte, sondern weil ich an mir arbeiten wollte.

musicals: Stichwort "Tanz der Vampire". Es gibt Gerüchte, daß man Ihnen eine Rolle angeboten hätte, Sie diese jedoch abgelehnt hätten, weil es nicht die Hauptrolle war. Wie ist der tatsächliche momentane Stand der Dinge und was halten Sie generell davon, für neue Musicals altes Song-Material zu verwenden, denn man hört, daß zumindest der Jim-Steinman-Hit "Total Eclipse of the Heart" (vor Jahren ein Hit der Künstlerin Bonnie Tyler) in der Show vorkommen soll?

Kroeger mit Alasdair Harvey und Julie-Alanah Brighten aus der Londoner Besetzung von 'Beauty and the Beast'Kröger: Ich habe kein Engagement dort, habe auch niemandem erzählt, daß ich eins hätte und habe auch bisher noch nie ein Interview dazu gegeben, obwohl etwas Gegenteiliges in einer amerikanischen Zeitung stand. Mir ist auch bisher keine Rolle angeboten worden und von daher konnte ich auch noch keine ablehnen. Am 21. April habe ich meinen allerersten Vorsing- und Vorsprechtermin in Wien bei Roman Polanski, ganz ehrlich!

Über die "Altverwertung" bin ich etwas verblüfft, denn davon wußte ich bisher nichts. Ich finde es zum momentanen Zeitpunkt allerdings schon etwas seltsam, wenn man so etwas macht, bestimmte Sachen von sich selber klaut. Generell ist es schon fragwürdig, einen solchen Hit auf einmal in einem Musical einzubauen.

musicals: Es ist schon zu einer netten Tradition bei zwei meiner liebsten Freundinnen geworden, daß der erste Satz nach einem London-Trip lautet "Wir haben schon wieder Uwe Kröger gesehen". Anscheinend halten Sie sich durch viele Musical-Reisen immer auf dem laufenden. Welche Produktionen haben Sie in der letzten Zeit besonders beeindruckt?

Kröger: Generell muß ich sagen, daß ich ja mein Hobby zum Beruf gemacht habe und ich mir aus Liebe zum Theater heraus schon immer viele Produktionen und auch Kollegen angesehen habe. Wenn ich dann im Theater sitze, bin ich so, wie das "einfache" Publikum. Ich setzte mich hin, und wenn die Sache auf der Bühne rund ist, laß' ich mich reinfallen, bin mittendrin und total begeistert. Zum Beispiel habe ich vor einigen Jahren in London "Blood Brothers" mit Kiki Dee gesehen. Ich finde, das ist eine hervorragende Produktion, da ist so viel Schauspiel auf der Bühne, die Geschichte ist wunderschön und ich habe Rotz und Wasser geheult. In Deutschland würde diese Show vermutlich leider nicht funktionieren, weil es doch eine sehr englische Sache ist, die auch stark vom Akzent lebt. Ich habe kürzlich die neue Inszenierung von "Jesus Christ Superstar" im West End gesehen, die ich vom Bühnenbild her hervorragend fand. Ich war sehr begeistert von der ganzen Geschichte. Dann habe ich mir bei meinem letzten London-Besuch auch noch die neue Version von "Martin Guerre" angeschaut, doch das hat mir nicht so gut gefallen, weil ich das Geheimnis des Films "Sommersby" dabei vermißt habe. Das Musical nimmt von vornherein chronologisch die Geschehnisse vorweg. Es ist eine Aneinanderreihung und in keinster Weise spannend, denn man weiß ganz genau, daß er es nicht ist und daß sie darum weiß. Ich habe auch irgendwie den roten Faden vermißt und fand es zu verworren. Die Musik war allerdings sehr schön, obwohl für mich "Les Misérables" und "Miss Saigon" eindeutig die Meisterwerke von Boublil & Schönberg sind. Immens begeistert hat mich die Duisburger "Les Misérables"-Produktion und das, obwohl ich sehr oft schon in "Les Mis" auf der Bühne stand.

musicals: Wenn wir uns in fünf Jahren erneut zu einem Interview treffen würden, was möchten Sie bis dahin in Ihrer Karriere erreicht haben?

Kröger: Ich bin jemand, der nicht vorausplant, sondern eher der Typ, der aus dem Bauch heraus entscheidet. Es gibt ja Kollegen, die wissen schon genau, was sie die nächsten drei Jahre tun werden; so bin ich überhaupt nicht. Ich bin jemand, der weiß nur so ungefähr, was er tut, und ich entscheide ich mich dann doch oft spontan noch ganz anders. Ich hoffe jedenfalls, daß ich Ihnen in fünf Jahren von tollen Rollen und tollen Stücken erzählen kann und daß ich einfach arbeiten konnte.


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